Unterstützung bei Promotion und Habilitation
Eine zunehmende Zahl von Menschen mit Behinderung und chronischen Erkrankungen überlegt zu promovieren, um damit eventuell den Grundstein für eine Karriere im Wissenschaftsbetrieb zu legen. Gleichzeitig kann eine Promotion auch außerhalb des Hochschulkontextes eine Voraussetzung für die Besetzung einer Stelle sein.
Auch in Hochschulbetrieben und in wissenschaftlichen Institutionen hat das vermehrte Promotionsinteresse von Akademiker*innen mit Behinderung eine wohlwollende sowie fördernde Resonanz erweckt. Als Ergebnis wurden in der Vergangenheit unterschiedliche Projekte, wie Inklusion in der Wissenschaft (InWi) und Promotion inklusive (PROMI-Projekt) gestartet, um Hochschulabsolvent*innen mit Beeinträchtigung in ihren Promotionsbestrebungen bedarfsorientiert zu unterstützen. Aufgrund des Erfolgs der bisherigen projektgebundenen Initiativen zur Promotion mit Behinderung wird kontinuierlich über weitere Projektvorhaben und Fördermöglichkeiten nachgedacht.
Promotionsinteressierte Betroffene stellen sich nicht selten die Frage, ob sie den Anforderungen einer Promotion, im Zusammenspiel mit ihrer Behinderung, gerecht werden können. Gerade hier mangelt es oftmals an entsprechenden Vorbildern, die als Orientierung und Hilfestellung bei der Entscheidung für oder gegen die Aufnahme einer Promotion manchmal auch hilfreich sind.
Die Entscheidungsfindung wird dabei von unterschiedlichen Fragen begleitet: Habe ich Interesse am wissenschaftlichen Arbeiten und an der Realisierung von Forschungsvorhaben? Habe ich den Willen und das Durchhaltevermögen so eine mehrjährige intensive Arbeit erfolgreich abzuschließen? Ist promovieren etwas für mich? Neben diesen verschiedenen Fragestellungen sowie den persönlichen Neigungen und Interessenslagen, können auch die eigenen beruflichen Vorstellungen und Ziele ein maßgebliches Entscheidungskriterium sein. In diesem Zusammenhang sollten z.B. die Überlegungen sein: Warum möchte ich promovieren? Wofür mache ich die Promotion?
Nach der Entscheidungsphase und der Konkretisierung der eigenen Zielsetzungen besteht der nächste Schritt darin, das eigene Promotionsinteresse in ein Umsetzungsprozess zu überführen. Die damit einhergehende Auseinandersetzung mit dem Ablauf und den einzelnen Phasen einer Promotion als auch den unterschiedlichen Möglichkeiten bezüglich der Promotionserarbeitung sowie den dabei gegebenen Rahmenbedingungen ist von wesentlicher Bedeutung. Vor allem für den Personenkreis von promotionsbestrebten Akademiker*innen mit Behinderung oder chronischer Erkrankung sind die diesbezüglichen Entscheidungen mitunter wegweisend für den erfolgreichen Abschluss des eigenen Promotionsvorhabens: Geht es doch oft um die Vereinbarkeit der Promotionsbedingungen mit der eigenen Beeinträchtigung.
Darüber hinaus ist auch das Finden der richtigen Promotionsbegleitung (Doktormutter, Doktorvater) ein sehr wichtiges Unterfangen. Die Auswahl der Promotionsbegleitung kann sowohl einen starken Einfluss auf die Schaffung von bedarfsorientierten Promotionsbedingungen und die Barrierefreiheit des Arbeitsplatzes haben, als auch eine entscheidende Rolle hinsichtlich der Unterstützung bei der Fertigstellung der Dissertation einnehmen. Bei der abschließenden Bewertung der Doktorarbeit ist die Doktormutter oder der Doktorvater ebenfalls oftmals von zentraler sowie entscheidender Bedeutung.
Zur Umsetzung des eigenen Promotionsvorhabens gehört darüber hinaus auch die Auseinandersetzung mit den verschiedenen Finanzierungsmodellen. So gibt es neben sozialversicherungspflichtigen Promotionsstellen an Hochschulen und Universitäten, oftmals mit einer Teilzeitbeschäftigung (50 % Stelle), zudem die Möglichkeit über projektgebundene Drittmittel die Promotion zu finanzieren. Stiftungen, wie beispielsweise die Konrad-Adenauer-Stiftung, sind ebenfalls eine Möglichkeit den Lebensunterhalt und Arbeitsmittel sicherzustellen. Ebenso kann für Doktorand*innen auch eine nebenberufliche Promotion infrage kommen. Letztlich ist eine Kostendeckung zur Realisierung der eigenen Promotionsbestrebungen auch über sozialrechtliche Grundsicherung grundsätzlich möglich. Jede Finanzierungsmöglichkeit hat in diesem Zusammenhang Vor- und Nachteile und sollte daher immer in enger Abstimmung mit der individuellen Lebenssituation sowie vor dem Hintergrund der jeweils vorliegenden Behinderung erfolgen. Für den ein oder anderen Menschen mit Behinderung oder chronischer Erkrankung kann zudem die Option einer Anschluss- bzw. Abschluss bedeutsam werden. Zum Beispiel bei Verzögerung der Fertigstellung der Dissertation durch mehrfache, mitunter längere Krankheitsphasen oder durch die Behinderung selbst. Damit die bisherigen Mühen und Anstrengungen der Doktorand*innen mit Beeinträchtigungen nicht umsonst waren, kann die Suche und das bewerben auf finanzielle An- und Abschlusshilfen sinnvoll sein.
Hinsichtlich der behinderungsbedingten Hilfen sowie Unterstützungsleistungen Promovierende mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen lassen sich Analogien zu den sozialrechtlichen Entlastungsleistungen und angemessenen Vorkehrungen bezüglich der Teilhabe am Arbeitsleben aufzeigen. Wenn schwerbehinderte Menschen ihr Promotionsvorhaben im Rahmen einer Promotionsstelle oder über eine Anstellung in einem Drittmittelprojekt umsetzen, sind sie in der Regel sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Damit erfüllen die Betroffenen die Anspruchsberechtigungen für technische Arbeitshilfen, für Arbeitsplatzanpassungen oder für eine Arbeitsassistenz. Bei dem Erhalt eines Stipendiums, von Grundsicherung oder bei einer nebenberuflichen Promotion besteht ein solcher Rechtsanspruch auf Leistungen zur beruflichen Teilhabe grundsätzlich nicht. Bei der Realisierung bedarfsgerechter und behinderungsorientierter Hilfen und Unterstützungsleistungen kann auch die Promotionsbegleitung, je nach Situation, einen nicht unerheblichen Einfluss auf behindertengerechte Promotionsbedingungen haben und durch ihr Engagement die erfolgreiche Absolvierung der Promotion mitbestimmen. Zugleich kann das Aufsuchen von Beratungsstellen oder Ansprechpersonen, in und außerhalb des Hochschulkontextes, gleichermaßen diesbezüglich eine Hilfestellung sein.
Ähnlich wie für Arbeitnehmer*innen mit Schwerbehinderung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt gelten für promotionsberechtigte schwerbehinderte oder gleichgestellte Doktorand*innen an den Universitäten und den Hochschulbetrieben neben den bundesweiten sozialrechtlichen Bestimmungen ebenso die gesetzlichen Regelungen des Wissenschaftszeitgesetzes. Dieses sieht beispielsweise bei Promovierenden mit Schwerbehinderung auf einer Promotionsstelle (auch Qualifizierungsstellen genannt) einen Nachteilsausgleich in Form eines Zeitzuschlags von zwei Jahren vor (Die maximale Promotionszeit beläuft sich demnach nicht auf 6, sondern auf 8 Jahre!)
Behinderungsspezifische Informationen in Bezug auf die Promotion sind bei der Informations- und Beratungsstelle Studium und Behinderung (IBS) des Deutschen Studentenwerks und auf der Webseite Wissenschaftliche Karriere und lebenslanges Lernen: Chancen und Hürden für Menschen mit Beeinträchtigungen zu finden.