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Zusammenfassung der Ergebnisse aus dem iXNet-Get-Together zum Thema „Resilienz“ vom 24. Januar 2023

Zusammenfassung der Gruppenergebnisse zum Thema „Resilienz im (Berufs)-Alltag und im Privatleben aufbauen und erhalten – Resilienz und Behinderungsmanagement“ – Kernergebnisse

1. Herausfordernde Arbeitssituation:

  • Bezogen auf den beruflichen Kontext wurde in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass es nicht selten bei Erwerbsarbeit auch zu Überforderung mit den eigenen Aufgaben und den Arbeitsbedingungen kommt.
    Gerade in Bezug auf die Arbeit mit Menschen verspürt man oftmals einen innerlichen Druck, den Wünschen und Anliegen der Kunden, im Rahmen seiner Tätigkeit, gerecht werden zu wollen.
    Vor allem in Bezug auf Menschen mit Behinderungen oder auch psychischen bzw. seelischen Beeinträchtigungen wird dieses Gefühl oftmals verstärkt.
  • Hinzu kommen der eigene Anspruch und gegebenenfalls der eigene Perfektionismus, Aufgaben und Anliegen schnellstmöglich zu erledigen, der nicht selten dazu führt, dass über eigene körperliche und kognitive Grenzen gegangen wird.
  • In diesen häufig auch sehr belastenden Situationen scheint Resilienz ein Schlüsselthema zu sein, um einerseits seinen ganz persönlichen Umgang mit der Erwerbsarbeit zu finden, aber zugleich in die Lage versetzt zu werden, auch mal „nein“ sagen zu können oder die Überforderung entsprechend dem Vorgesetzten oder den Arbeitskollegen mitzuteilen.
    ➔ Herleitung des Begriffs der „Resilienz“ vom Begriff des Abprallens – Widerstandskraft entwickeln und entfalten, nicht immer noch mehr leisten zu müssen und zu sollen und sich ständig auf´s Neue zu vergleichen: Haltung des „es ist gut so‘“ aufbauen, um aus dem Strudel des sich permanent steigernden Perfektionismus raus zu kommen.

2. Belastende Arbeitsstrukturen und Rahmenbedingungen:

  • Je nachdem, in welchem beruflichen Kontext bzw. in welcher Branche man tätig ist, scheint man durch die Arbeitsstruktur und Arbeitsorganisation unterschiedlichen Stressoren und Belastungen ausgesetzt zu sein. Als Beispiele wurde der Hochkarrierebereich „Hochschule und Universität“ genannt. Darüber hinaus wurde auch die Aufgabendichte im Zusammenhang mit zunehmendem Personalmangel angeführt, die gleichermaßen zu einer erhöhten Belastung beiträgt, und nicht selten mit dem Wunsch nach mehr Widerstandsfähigkeit einhergeht.

3. Strategien zur Entlastung, Entschleunigung und Resilienzförderung:

  • Im Anschluss an die vielfältigen Belastungsmöglichkeiten und geschilderten Arbeitssituationen wurde sich der Frage gewidmet, welche individuellen, kollegialen oder arbeitgeberinfizierten Strategien in den unterschiedlichen Arbeits- und Aufgabenfeldern angewandt werden, um einerseits Entlastungsräume zu schaffen und andererseits auch die Widerstandsfähigkeit des Einzelnen zu erhöhen. Die Überlegungen waren oftmals an das Ziel geknüpft, kontinuierlich und langfristig die Erwerbsfähigkeit zu erhalten.

3.1. Strategien der personenbezogenen Resilienzförderung der Arbeitnehmerschaft:

  • Delegieren von Aufgaben an andere Mitarbeiter
  • Ausschöpfung der bestehenden Organisationsstrukturen des Arbeitgebers (Tätigkeiten in der Verantwortung andere Abteilungen liegen, sollen auch durch die jeweiligen Mitarbeiter*innen erledigt werden.) - > Nicht alles selbst machen
  • Nach Möglichkeit ein konstantes und dauerhaftes Arbeitspensum beibehalten und nicht ständig Akkordarbeit mit Überstunden und Mehrarbeit leisten
  • Eine bewusste Pausenkultur etablieren (z.B. indem man während der Pause den Arbeitsplatz verlässt und an die frische Luft geht).
  • Eine zielgerichtete und konstruktive Auseinandersetzung mit den eigenen Grenzen und Möglichkeiten (z.B. die Erkenntnis, dass wir nicht allen Menschen sofort helfen können!)
  • Bewusste Gestaltung von Erwerbsarbeit vor dem Hintergrund der eigenen Lebenssituation, den damit einhergehenden Möglichkeiten und den eigenen Bedürfnissen.
    ➔ Auswahl des passenden Arbeitszeitmodells (z.B. Vollzeit oder Teilzeit)
    ➔ Bewusste Gestaltung von Freizeit
  • Resilienz kann auch darin bestehen, für sich zunächst ungangbar scheinende Wege zu ebnen und sichtbare sowie unsichtbare Barrieren abzubauen. Dies kann dann nach und nach auch für andere umgesetzt werden, sodass der Abbau der Barrieren weitere Kreise zieht und einen positiven Effekt mittels Stolzes und weiteren guten Gefühlen nach sich zieht
  • Aufbau bzw. Ausbau des eigenen sozialen Netzwerkes als eine zentrale Ressource zur Förderung der eigenen Widerstandsfähigkeit. Eine wichtige Säule der Resilienz ist sicher auch die Vernetzungsarbeit – der Kontaktaufbau und die Pflege zu anderen Menschen in ähnlichen Lebenssituationen. Hierfür dienen auch letztendlich die Vernetzungsangebote und -veranstaltungen von iXNet, um Austausch auf Augenhöhe und geneseitiges Empowerment zu fördern und zu unterstützen sowie einen Rahmen hierfür zu bieten. Im Netzwerk kann sowohl Positives als auch Negatives geteilt werden in einem vertrauensvollen Rahmen. Dies fördert die Gemeinschaft und wirkt Einzelkämpfertum und Verzweiflung stark entgegen.
  • Einbezug des Umfeldes – die eigenen Bedürfnisse artikulieren und auch durchaus etwas von der Umwelt einfordern. Resilienz ist somit nicht nur eine individuelle Angelegenheit, sondern bezieht das direkte Umfeld aktiv mit ein und stößt somit auch weiterführende Veränderungen an.
    Erstattung einer Überlastungsanzeige bei zunehmender Überforderung (Wenn dies im Betrieb möglich ist!)

3.2. Resilienzförderung speziell im Studium:

  • Nachteilsausgleiche und deren Nutzung im Studium erleichtern das Leben und den Aufbau von Resilienz ungemein, sorgen sie doch für die Möglichkeit, ohne jeweils immer neu diskutieren und verhandeln zu müssen, Recht zu bekommen und bestehende Nachteile ausgleichen zu können. Wenn der Nachteilsausgleich erst einmal genehmigt und erfolgreich umgesetzt wurde, können die eigenen Potenziale voll ausgeschöpft und im Idealfall optimale Leistungen erbracht werden.
    ➔ Besprochen wurde ausführlich der Fall eines Studierenden, der sich alleine durch die Umsetzung eines Prüfungsnachteilsausgleich in Form eines ruhigen separaten Prüfungsraums um etliche Notenstufen verbessern konnte, schlicht, weil dieser an seine Bedürfnisse angepasst war und die Prüfungssituation optimale Bedingungen für ihn bot.

3.3. Kollegiale Instrumente der Resilienzförderung im Arbeitsalltag:

  • Kollegiale Fallberatung für überlastende Situationen und Arbeitsstrukturen
  • Wahrnehmung von Mediation und Moderationsangeboten
  • ➔ Durch interne, betriebseigene Abteilungen oder externe Dienstleister (Je nach Wahl, ergeben sich unterschiedliche Vor- und Nachteile!)
  • Regelmäßige Nutzung von Supervisionsangeboten, um aufkommende Konflikte oder problematische Situationen im Arbeitskontext frühzeitig lösungsorientiert aufzuarbeiten
  • Gegenseitige Unterstützung bei personellen Engpässen, verbunden mit der Schaffung von Entlastungsräumen für die einzelnen Personen

3.4. Instrumente des Arbeitgebers zur Resilienzförderung:

  • Arbeitgeber*innen haben mittlerweile erkannt, dass der Aufbau von Resilienz in der Mitarbeiterschafft einen wirtschaftlichen Mehrwert hat. So werden die eigenen Fachkräfte weniger krank und es müssen weniger gesundheitliche Ausfälle kompensiert werden
  • Im Rahmen des Gesundheitsmanagements bieten Arbeitgeber*innen daher oftmals freiwillige Angebote zur Stressreduzierung und Belastungsbewältigung an, die von Arbeitnehmer*innen in Anspruch genommen werden können.
  • Das Thema ist unter anderem deswegen auch für Arbeitgeber*innen relevant, weil die zunehmende Beschleunigung der Arbeitswelt mit ihren wachsenden Anforderungen diese Widerstandsfähigkeit unabdingbar macht, um gute und kontinuierliche Arbeitsergebnisse erzielen zu können und die Arbeitsfähigkeit konstant zu halten.
  • Nicht jede teilnehmende Person berichtet über ein derartiges Engagement der Arbeitgeber*innen. Ein besonderes Tätigkeitsfeld scheint die Arbeit im Wissenschaftsbetrieb zu sein, die oftmals mit prekären Arbeitsbedingungen (z.B. größtenteils befristete Beschäftigungen! -> Planstellen sind die Ausnahme.) einhergeht, der Vernachlässigung von arbeitsrechtlichen Regelungen und durch den Wettbewerbs- und Konkurrenzdruck für jeweiligen Mitarbeitenden vermehrt als sehr stressig empfunden werden.

4. Resilienz im privaten Lebensbereich:

  • Auch im privaten Lebensbereich ist Resilienz wichtig und wird als wertvolle Fähigkeiten empfunden.
  • Vor allem in Lebenssituationen mit einem Behinderungshintergrund gewinnt sie an Bedeutsamkeit.
    ➔ Aufgrund der gesellschaftlichen Entwicklung und vielfältigen, belastenden Situationen (z.B. Kindererziehung, Alleinerziehend, Krankheitsmanagement) ist Resilienz aber für alle Menschen unabhängig von der eigenen Lebenskonstellation eine wertvolle Ressource.
  • Im Alltag sehen sich einige Teilnehmende verschiedenen Stressoren und Belastungen ausgesetzt, in denen sie die Entwicklung von Resilienz als wichtig erachten. Zum einen in Bezug auf die Work-Life-Balance, indem man versucht seine Freizeit energiefördernd und stärken auszugestalten (z.B. verschiedene Erholungsmethoden, Sportangebote, Yoga, bewusstes Leben mit der Familie).
  • Ein weiteres intensiv diskutiertes Positivbeispiel, um Resilienz weiterzuentwickeln, ist die Tagebuchtechnik: Hierbei werden positive Erlebnisse, Situationen, aber auch Erfolgsgeschichten und Menschen, die einen weiterbringen und ermutigen, notiert und somit verewigt. In Zeiten der Krise oder schlicht in Momenten, in denen Ermutigung und Zuspruch benötigt wird, kann auf diese Aufzeichnungen dann zurückgegriffen werden und sie sich mit all ihren positiven Aspekten vor Augen geführt werden.
  • Zum anderen wird auch herausgestellt, dass Resilienz auch im Umgang mit dem eigenen sozialen Netzwerk bedeutsam und wichtig ist, da je nachdem in welchem Erwerbsarbeitsmodell man sich derzeit befindet, (z.B. Teilzeit oder Vollzeit), man nicht selten vom eigenen Freundeskreis unter Druck gesetzt wird.
    Für viele Menschen mit Behinderungen ist eine Vollzeitbeschäftigung aufgrund der eigenen körperlichen, seelischen oder psychischen Situation nicht möglich.
  • Einige Teilnehmende, sowohl Menschen mit als auch ohne Behinderungen, berichten von dem Gefühl sich rechtfertigen zu müssen gegenüber anderen nahestehenden oder bekannten Personen. Dies wird teilweise auch als sehr unverschämt, empörend und grenzüberschreitend erlebt und empfunden.
  • Daher ist es wichtig, für sich selbst einzustehen - sowohl im beruflichen als auch im privaten Kontext jeden Tag immer wieder auf´s Neue, um auf Dauer resilient zu werden und dies auch zu bleiben. Dies führt längerfristig zu mehr Lebenszufriedenheit und zu einer positiven Grundhaltung, da das authentische Verhalten von einem selbst einen Schutzfaktor gegen Unzufriedenheit und gegen dysfunktionale Vergleichsprozesse darstellt.

5. Abschließende Zusammenfassung

  • In einer Gesellschaft der Vielfalt sollten verschiedene Arbeits- und Lebensmodelle mehr Akzeptanz finden. Zu diesem Zweck wären Sensibilisierung und Bewusstseinsbildung ein wichtiges Instrumentarium, um Toleranz und Akzeptanz für andere Lebensentwürfe zu fördern, dadurch Entlastung zu schaffen und Resilienz zu regenerieren, auszubauen oder aufzubauen.